Beim Gallery Weekend habe ich Ende April die Gelegenheit genutzt, mir die FAHRBEREITSCHAFT anzusehen.
Ein Rest DDR – auf den ersten Blick völlig unspektakulär. Irgendwie hatte ich es mir glamouröser vorgestellt, schließlich standen hier die Staatkarossen der DDR-Oberen, war hier der Fuhrpark des Ministerrats. Aber immer wieder erstaunlich, wie grau, unscheinbar, spießig dieser Staat war. Kein Spur von sozialistischem Pomp und Prunk, den manch andere Staatsoberhäupter der Ostblock-Staaten gepflegt haben.
Von 1971 bis 1990 wurden an diesem (damals sehr geheimen) Ort die Limousinen geparkt und gepflegt, hielten sich die Chauffeure auf und vertrieben sich die Wartezeit in Casino und Kegelbahn. Das Gelände war Hochsicherheitszone, von der Umgebung strikt abgeschlossen.
Als das Sammlerehepaar Haubrok das 18.000 Quadratmeter große Areal 2013 erwarb, wollte es so wenig wie möglich verändern und erhielt so einen historischen Ort.
Einzelne Teile der Fahrbereitschaft wurden behutsam und sehr geschmackvoll umgebaut, um dort Teile der Haubrok-Sammlung zu präsentieren. Barbara und Axel Haubrok sammeln Konzeptkunst und zeigen diese in hochkarätigen Ausstellungen. Doch es werden auch Räume an Künstler und Kreative vermietet, die nun neben alteingesessenen Handwerksbetrieben und dem Arbeiter-Samariterbund an ihren Projekten arbeiten. Derzeit gibt es ca. 70 Mieter auf dem Gelände.
Jetzt aber macht das Lichtenberger Stadtentwicklungsamt Ärger: es geht um ein Ende der Duldung, um Baugenehmigung, Nutzungsänderung und die Androhung von 500.000 € Bußgeld. Hässliche, bürokratische Worte versus Kunst und Kreativität.
Das Behördentreiben lässt einen fassungslos staunen. Das persönliche Engagement von Sammlern, die die Arbeit von Künstlern fördern und einen spannenden Ort erhalten, statt sich Kunstwerke in den hauseigenen Tresor zu packen, wird von Bürokraten verhindert. Das ist ja beinahe unanständig – kulturell betrachtet. Vor allem, da es zuvor Zusagen der Verantwortlichen (Bürgermeister & Co.) gegeben haben soll.
Den Mai über wurde diskutiert und gestritten. Auch Bezirk und Senat sind sich uneinig. Kultursenator Klaus Lederer spricht von Strahlkraft des Projekts Fahrbereitschaft.
Axel Haubrok hingegen klingt resigniert: »Unsere Arbeit sollte eine Bereicherung für den Ort hier sein, wenn der Bezirk das nicht so sieht, bin ich nicht derjenige, der darum kämpft«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Noch bis zum 7. Juli läuft »Paperworks«, eine grandiose Ausstellung, die Papier in seiner Schlichtheit ganz wundervoll inszeniert. Es wird wohl die letzte Ausstellung in der Fahrbereitschaft sein.
Herzbergstraße 40–43 * 10365 Berlin
Besuch ausschließlich nach persönlicher Anmeldung: visit@haubrok.org
Kostenlose Führungen samstags 15 Uhr