Bei meinen Reisevorbereitungen bin ich immer wieder auf Schilderungen des kaputten Detroit gestoßen. So oft, dass ich mir vornahm, die Stadt nur von ihrer guten Seite zu präsentieren. Ich wollte euch nur vom Überlebenswillen, dem Aufbau und den Bemühungen, die Stadt wieder attraktiv zu machen, erzählen.
Dann aber sah ich das Ausmaß der Zerstörung mit eigenen Augen: eine Stadt, die vor einigen Jahrzehnten zu den reichsten und prächtigsten der Welt gehörte, in der kein Krieg stattgefunden hat, die einfach bloß ihren Wohlstand und ihre Bewohner verloren hatte – zurückgelassene Häuser, Geschäfte, Fabriken und Kirchen. So etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen, und ich fand, dass die positiven und schönen Aspekte der Stadt nur vor dem Hintergrund des kaputten Detroit zu begreifen sind.
Daher zeige ich euch heute die traurige Seite der Stadt.
Die Bevölkerung Detroits schrumpfte in den vergangenen Jahrzehnten um zwei Drittel. 2013 meldete Detroit Insolvenz an. Die Arbeitslosenrate lag zu diesem Zeitpunkt bei 18,2%.
Die Zahl der verfallenen Gebäude wird auf 80.000 geschätzt.
Es ist nicht so, dass sich diese Ruinen in einem bestimmten Viertel sammeln. Nein, die verfallenen Häuser überziehen das gesamte Stadtgebiet. Daneben stehen dann mehr oder weniger intakte Häuser und es gibt viele mit Gras bewachsene Brachflächen. In manchen Straßen gibt es nur noch Wiese, höchstens ein, zwei Häuser stehen in der Gegend rum. Und dann kommen wieder einige Blocks mit einigermaßen intakten Häusern, deren Bewohner vielleicht nicht wohlhabend sind, aber doch zurecht kommen.
Die Häuser, in denen die Menschen leben, müssen mal sehr schön gewesen sein – fast alle sind liebevoll verziert mit Erkern, Veranden und Fensterläden. Manche sind aus Holz, manche haben Ziegelfassaden. Der Stil scheint häufig von der Arts-and-Craft-Bewegung beeinflusst und besonders die alten Häuser sehen ein wenig britisch aus.
Die Menschen, die sich die Häuser gebaut haben, zeigten stolz ihren erarbeiteten Wohlstand. Und der war nicht nur der Oberschicht vorbehalten, schließlich haben auch die Fließbandarbeiter bei Ford verhältnismäßig gut verdient: 1914 bekamen sie 5$ für einen 8-Stunden-Tag (das entspricht heute einer Kaufkraft von fast 100€). Henry Ford wollte »seinen« Arbeitern nicht nur die monotone Fließbandarbeit schmackhaft machen, sondern er wollte auch, dass sie sich Autos kaufen konnten.
Dieser alte Wohlstand schimmert noch ganz schwach durch in Detroit.
Übrigens: laut Forbes-Liste ist Detroit die gefährlichste Stadt der USA. Ein Gefühl der Bedrohung oder Unsicherheit hatte ich allerdings nie. Gut, es gibt vielleicht mal die eine oder andere Straße, in der man keine Panne haben möchte, aber das hatte ich mir wesentlich schlimmer vorgestellt.