Es ist Filmfestspielzeit in der Lagunenstadt und dieser Tage tummelt sich in Venedig die internationale Filmbranche auf dem roten Teppich. Ich möchte einen solchen heute den Buchstaben dieser Stadt ausbreiten.
Venedig ist ein sehr bedeutender Ort für unsere Schrift. Mitte des 15. Jahrhunderts trugen Mitarbeiter und Schüler Gutenbergs ihr Wissen um die »Deutsche Kunst«, den Buchdruck, in die Welt hinaus und ihr Können und Wissen traf in Venedig auf eine äußerst wohlhabende Gesellschaft. Die Stadt wurde zu einem der bedeutendsten Zentren der Schriftkunst und die Chroniken führen zu dieser Zeit mehr als 50 Typografen auf. Viele von ihnen waren deutscher Herkunft.
Johannes und Wendelin von Speyer entwickelten dort um 1468 die Venezianische Renaissance-Antiqua, perfektioniert wurde sie wenig später von dem Franzosen Nicolas Jenson, der ebenfalls in Venedig lebte und wirkte. Die Jenson-Antiqua gilt als die erste voll ausgebildete Antiqua. Sie wird vielfach als die schönste und ausgewogenste ihrer Art bezeichnet. Die Venezianische Renaissance-Antiqua kombiniert erstmals Groß- und Kleinbuchstaben. Ihr Schriftbild beruht auf dem Schreiben mit der Breitfeder und wirkt daher lebhaft und harmonisch. Beispiele dieser Schrift könnt ihr hier anschauen. Sie ist bis heute mustergültig und viele unserer aktuellen Schriften, die eine gute Lesbarkeit aufweisen müssen, basieren auf der Venezianischen Renaissance-Antiqua.
(Meine Quellen zu diesem Thema sind die hervorragenden Seiten typolexikon.de und schriftgestaltung.com. Dort könnt ihr euch ausführlich informieren.)
Originalschriften aus dem 15. Jahrhundert gibt es kaum noch. Auch nicht in Venedig. Dafür habe ich aber viele andere Perlen in den Gassen der Stadt gefunden.